Biennale Gera 2009

Die Fischwanderer

Als die Schlammspringer begonnen hatten das Wasser zu verlassen und ihre Flossen als Beine gebrauchten, folgten ihnen andere Fische nach. Auch sie wollten in der wärmenden Sonne ihre ständig nasse Haut trocknen, geruhsam nach Heuschrecken und Fliegen schnappen und am Rücken liegend den Wolken nachschauen. Nicht nach dem in der Meeresströmung wogenden Seegras stand den Fischen der Sinn, sondern nach duftendem und dem vom Wind bewegten hohen Gras im Schatten eines Baumes. So auch die Lachse. Unzählige waren auf ihren althergebrachten Wegen vom Meer zum Oberlauf der Flüsse den vielfältigen Gefahren zum Opfer gefallen. Gingen die einen in der Meeresbrandung zugrunde, endeten andere im Rachen größerer Fische, zappelten hilflos in Fischernetzen oder an der Angelschnur um schlußendlich, aufwändig zubereitet, als Delikatesse verspeist zu werden. Um diesen unhaltbaren Zustand zu beenden, ergreifen mehr und mehr Lachse den Wanderstab und wählen ihren Weg über Land. Kaum je von einem Menschen erblickt, ziehen sie nachts, meiden Ortschaften wie auch belebte Straßen und ruhen tagsüber. Streunenden Hunden und Katzen begegnen sie wehrhaft mit ihrem Stock, vor Füchsen wissen sie sich inzwischen geschickt zu verstecken und den Hufen grasendem Weideviehs weichen sie aus. Die Strategie macht sich bereits bezahlt – im gleichen Maße wie in den Netzen der Fischer der Fang abnimmt, erhöht sich die Anzahl der Lachse und läßt sie zuversichtlich in die Zukunft blicken.